Aus dem Leben einer Aussteigerin
Einen Ausstieg wünscht man sich meistens schon kurz nach dem Einstieg in die Prostitution. Die meisten Frauen können sich zu dem Zeitpunkt noch nicht mal annähernd vorstellen, was da auf Sie zukommt. Nämlich Narben, die für immer bleiben – wenn auch oft unsichtbar. Ganz offensichtlich verkauft eine Prostituierte Ihren Körper für Geld, ein luxuriöses und zugleich zerstörerisches Geschäft, bei dem in den meisten Fällen nur die Hintermänner profitieren.
Viele Frauen beschäftigen sich mehrmals täglich mit den Gedanken, wie schaffe ich es auszusteigen? Wie werde ich meinen Zuhälter los? Wer gibt mir Sicherheit? Die meisten Frauen haben keine Ahnung, dass es mittlerweile Möglichkeiten und auch Organisationen gibt, die beim Ausstieg behilflich sind.
Ich möchte euch meine Geschichte erzählen.
Wer kennt es nicht, man begegnet einem netten Mann, er macht einem schöne Augen, man verliebt sich. So war es auch bei mir. Er war groß, stark, strahlte Sicherheit aus, war sehr gutaussehend, fuhr ein tolles Auto und wollte natürlich nur das Beste für mich. So erzählte er es mir jedenfalls. Am Anfang war alles gut, ich war richtig verliebt. Wir sprachen über eine gemeinsame Zukunft.
Doch er gaukelte mir immer wieder vor, ich müsste nur 2 Jahre im Puff arbeiten und hätte mein Leben lang ausgesorgt. Bei ihm klang es, als ob es so einfach wäre und nichts Ungewöhnliches.
Erst wollte ich nichts davon hören. Doch plötzlich hatte er Schulden, die er angeblich begleichen musste, sonst würde er in den Knast gehen. Für mich war nach einigem Zögern klar, ich mache es. Für ihn – für uns. Was mich genau erwarten würde, konnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht erahnen.
Ich fing an in der Prostitution zu arbeiten, zuerst für die angeblichen Schulden meines Freundes (die es gar nicht gab – wie ich ganz allmählich herausfand). Aber sobald ich drinnen war, nahm der Teufelskreis seinen Lauf. Immer mehr Lügen und Druck und alles drehte sich nur ums Geld. So bin ich beim nächsten Zuhälter gelandet, der versprach mir zu helfen. Naiv und gutgläubig vertraute ich darauf, aber alles wurde nur noch schlimmer.
Knapp 8 Jahre lang war ich in dem Teufelskreis gefangen. Von Saunaclub zu Saunaclub, quer durch Deutschland und zeitweise auch im Ausland, dabei diverse Puffs und Laufhäuser ausprobiert. Zu guter Letzt habe ich den Escort Service genutzt, immer auf der Suche nach etwas Besserem und doch gefangen. Die Milieustrukturen wurden immer extremer. Ein Schritt nach vorne bedeutete zwei Schritte zurück.
Die Masche der Zuhälter ist für Betroffene oft sehr ähnlich. Sie geben einem Hoffnung, dass man aussteigen darf und planen im nächsten Moment Drohszenarien um die Frau einzuschüchtern. Sie schicken beispielsweise ihre Freunde, getarnt als Freier vorbei, die die Frauen vergewaltigen, schlagen oder bestehlen. Automatisch wendet die Frau sich an ihren „Freund“ und angeblichen Beschützer.
So ähnlich war es auch bei mir. Immer wenn ich fest entschlossen war, dass ich aussteigen wollte, passierten schlimme Dinge, die mir Angst machten. Ich hatte das Gefühl, der Einzige, der mich beschützen und mir helfen kann, ist mein Freund bzw. Zuhälter. Ein fataler Gedanke, der mich immer tiefer und tiefer in die Probleme hineinführte.
Ich war an einem Punkt, an dem ich einfach das gemacht habe, was er wollte, weil alle anderen Wege oder Versuche auszusteigen mir nur Probleme brachten. An ein normales Leben war kaum zu denken. Ich dachte, ohne Ihn kann und bin ich nichts. Jeden Tag erzählte er mir, dass er der Einzige sei, der mich jemals verstehen würde und mit mir klarkommt. Ich wurde so extrem manipuliert, dass ich selber anfing daran zu glauben, dass das Milieu das einzig Sinnvolle in meinem Leben ist. Hatten wir Streit, klingelten plötzlich dubiose Menschen an meiner Haustür oder auf mein Auto wurde geschossen. Alles Taten, die von meinem Freund bzw. Zuhälter ausgingen, um mich gefügig zu machen und weiter an mir verdienen zu können.
Auch psychische und körperliche Gewalt sind in dem Milieu an der Tagesordnung. Zu dem Zeitpunkt war mir das alles nicht bewusst. Als mein Zuhälter dann endlich verhaftet wurde, stand der Nächste schon in den Startlöchern. Diese Männer wollen NUR dein Geld, Versprechen dir Schutz und Luxus. Sie hören dir zu und akzeptieren deinen Job, machen einen auf „verständnisvoll“ und hinten herum lachen sie über dich. Du fühlst dich verstanden, da wo andere dich verachten und verurteilen würden. Überall nur Lügen. Der Teufelskreis beginnt von vorne, die Probleme werden immer größer. Man funktioniert einfach, fühlt sich innerlich wie gestorben und sieht keinen Sinn mehr im Leben.
Es war tatsächlich so, dass ich schon lange – eigentlich von Anfang an – mit dem Gedanken kämpfte, wie ich wieder aussteigen kann. Für mich gab es keinen Ausweg, alles schien sinnlos. Jeder Versuch scheiterte. Bis ich Jesus kennenlernte[BK1] . Er hat mich allmählich auf meinen Ausstieg vorbereitet. Ich habe angefangen in einem normalen Job zu arbeiten. Nebenbei traf ich aber privat weiter Freier und verkaufte meine Seele. Denn obwohl ich einen anderen Job hatte, habe ich trotzdem mich so wertlos und gefangen gefühlt. Doch mein Selbstwertgefühl war durch die Prostitution völlig zerstört und ich kam nicht komplett heraus.
Das Ganze ging so lange, bis ich eine Bibel in die Hand nahm. Auf der Suche nach einem Ausweg, in der Hoffnung auf ein befreites Leben, ohne jeden Tag aufs Neue meine Seele zu verkaufen, meine Mitmenschen zu belügen etc. begann ich sie zu lesen. Es musste doch etwas geben, was mir helfen konnte, meine Vergangenheit abzuschließen und Frieden zu bekommen. Und das gab es.
Die Bibel, Psalm 50,15 : Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen. Genau das tat ich und Jesus hörte mich und rettete mich. Mit Jesus habe ich es radikal von heute auf morgen geschafft, meine Vergangenheit komplett hinter mir zu lassen und neu anzufangen. Das Bibellesen hat tatsächlich mein Leben verändert. Ohne die Bibel hätte ich Jesus vielleicht gar nicht kennengelernt. Ich habe jeden Tag darin gelesen und nach der Wahrheit gesucht und sie gefunden. Dafür bin ich wirklich dankbar. Es ist so befreiend, diese Last los zu sein und sein Leben ganz auf Jesus zu setzen. Jesus hat mir gezeigt, dass ich wertvoll bin. Meine Identität ist es nicht Prostituierte zu sein, sondern ich habe meinen Wert in ihm gefunden.
Ich durfte meine Sünden zu Jesus bringen und Vergebung erleben. Diesen Frieden und die Sicherheit kann dir keiner – außer Jesus – geben. Die Gewissheit eines Tages bei Gott im Himmel zu sein ist unbezahlbar und kommt nur durch Jesus. Es ist unbeschreiblich schön, für mich persönlich das Schönste was ich jemals erlebt habe. Meine Vergangenheit durfte ich komplett hinter mir lassen, einem normalen Job nachgehen und nach und nach mein Leben regeln. Mit Gottes Hilfe ist nichts unmöglich. Mittlerweile bin ich getauft und gehöre einer festen Gemeinde an. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus. Bibel, 1.Korinther 15,57.